Stadturlaub

Ich tue mir schwer, Georgien nur mit Worten zu beschreiben, es ist für mich ein magisches Land, das so viel Gegensätzliches vereint. Ich kann es nicht anders sagen, Georgien ist gleichzeitig schön und schäbig. Saftig und staubig, exotisch und vertraut, modern und heruntergekommen, mystisch und borat-ig. Europäisch und asiatisch – oder eben beides nicht.

Georgien in a nutshell

Auf unserer großen Reise 2019 waren wir uns einig, dass wir wieder kommen werden. Nicht zuletzt wegen der Kulinarik. Khinkali, Kachapuri, Lobiani, Badrischani, Pkhali, Tschurtschchela… googelt mal! Es ist ein Traum hier!

Kachapuri und Tomaten-Gurken-Salat mit Walnusssauce

In Kutaisi waren wir auf unserer Reise 2019 nur als Zwischenstopp für 1,5 Tage, wir fanden es aber so nett, dass wir es bereut haben, nicht länger zu bleiben. Das haben wir diesmal geändert, und gleich mal eine Woche ein Apartment gebucht.

Baumkirche im botanischen Garten von Kutaisi

Kutaisi ist eine malerische Stadt mit einer total heimeligen Atmosphäre, sehr grün und ein paar schöne Sehenswürdigkeiten, gleichzeitig ist sie nicht zu groß und nicht stressig. Hier fühlten wir uns so zuhause wie selten auf der Reise wo.

Ein zusätzlicher Faktor, warum wir Kutaisi genossen haben, war Saskia, die wir im Zug von Ankara nach Erzurum kennengelernt haben. Sie haben wir hier wieder getroffen, im Schlepptau hatte sie Isaac, einen Briten, den sie auf dem Weg von der Türkei nach Georigen kennengelernt hat. Wir haben uns super verstanden und gemeinsame Ausflüge gemacht und Kutaisi erkundet und bei aller familiärer Dreisamkeit war es echt schön, mal wieder in einer Gruppe unterwegs zu sein. Gusti hat Saskia außerdem sehr schnell ins Herz geschlossen und sich jedes Mal sichtlich gefreut, wenn wir sie wieder getroffen haben.

Für einen Tagesauflug haben wir uns zu viert ein Mietauto genommen, nördlich von Kutaisi gibt es nämlich mehrere Canyons und Höhlen in Nationalparks. Der besonders spektakuläre Okatse Canyon war unser Hauptziel, hier soll es auf Stegen und Holzbrücken in schwindelerregenden Höhen durch die Schlucht gehen. Naja, Saskia und Isaac habens eh toll gefunden – Gusti durfte leider nicht rein. Mit der Begründung, dass Kinder unter 1,20m nicht auf dem Wanderweg erlaubt sind. Dass Gusti noch nicht selbst geht und die ganze Zeit wie ein Rucksack auf Romeds Rücken gesessen hätte, haben die Nationalparkmitarbeitenden entweder nicht verstanden oder nicht gelten lassen. So sind Romed, Gusti und ich zu einem Wasserfall in der Nähe gefahren und haben dort in der Hängematte gechillt und manche von uns haben im kalten Bergfluss gebadet.

Stau
Beim Okatse-Wasserfall

Die Woche in Kutaisi ist echt schnell vergangen und dann standen wir vor der Entscheidung: in den Norden, in die Berge von Svaneti, die seit 2019 auf unserer Bucket-List sind. Oder nach Tbilisi, Tiflis, eine unserer liebsten Städte überhaupt. In Svaneti schaute der Wetterbericht sehr demotivierend aus, für Schnee in den Bergen sind wir nicht ausgerüstet.

Also ging es nach Tbilisi. Georgiens Hauptstadt ist einer jener wenigen Orte, wo ich mir vorstellen kann, zu leben (abgesehen von Wien, weil Wien einfach die beste Stadt zum Leben ist).

In Tbilisi kann man mit nur einem Blick ein modernes Prestige-Hochhaus, ein abgewohntes, selbst gebautes Mehrgenerationenhaus und ein Hipster-Café sehen, ohne den Kopf zu wenden. So nah ist hier Immobilienentwicklung(Spekulation), Armut und Gentrifikation beieinander. Ahja und zwischendrin überall 100 Jahre alte Bäume, Graffitis und random wachsende Weinreben.

Der Zug war diesmal ein alter chinesischer, gemütlich zum Sitzen. Leider waren alle Fenster so beschlagen/dreckig, dass wir die tropische Vegetation und die süßen alten Bahnhöfe entlang der Strecke nur erahnen konnten.

In Tbilisi haben wir dann erstmal Großstadtflair und Soviet-Chic genossen, Ausfahrten mit den Seilbahnen gemacht und Kindersicherungen für Steckdosen gekauft. Ich wäre beim Wildpinkeln fast von streunenden Hunden gebissen worden und bin in einem öffentlichen Klo eingesperrt worden. Zum Glück waren Romed und Gusti noch relativ in der Nähe und haben mich befreit – den Geruch hab ich trotzdem noch etwas in der Nase mit herumgetragen.

Der „Turtle-Lake“ hat zwar keine Schildkröten, ist aber ein super Hänemattenplatz

Außerdem haben wir wieder einige Sachen mit Saskia und Isaac unternommen. Für Romed und mich war das Highlight, dass die beiden sich bereit erklärten, Gusti für eine Stunde zu beaufsichtigen, während wir ins Schwefelbad gingen. Mangels Möglichkeiten war Gusti überhaupt erst ein paar Mal in seinem Leben bei wem anderen außer uns beiden und bei wem Nicht-Verwandten sowieso noch nie. Ein bisschen irritiert war ich schon, dass er gar keine Miene verzogen hat, als wir uns verabschiedet und auch nicht, als wir uns wiedergesehen haben. Aber gut, so ist es mir lieber als andersrum und schließlich hatte er die zwei ja schon ausgiebig kennengelernt. Und Romed und ich haben das Hammam sehr genossen, Romed ist ordentlich durchgeschrubbt worden.

Dach der Schwefelbäder
Ciao Gusti!
Mci Fan

Wir haben Saskia und Isaac als Dankeschön noch zum Essen eingeladen, es war gleichzeitig unser Abschiedsessen, denn Isaac ist heimgeflogen und Saskia weiter nach Armenien gefahren. Schön wars mit euch beiden!

Gleich darauf wars aber auch Zeit, eine andere Reisebekanntschaft wieder zu treffen.

Als wir in Batumi waren, hat Romed vor unserem Apartment-Hotel eine alten LT erspäht, die Familienkutsche seiner Kindheit. Da mussten wir kurz schauen gehen und haben so Lena, Pascal und Wolf Piet aus Deutschland getroffen, die auf Weltreise sind. Wolf Piet war zu dem Zeitpunkt 7 Wochen alt und kam in Georgien zur Welt. Elternschaft, insbesondere Mutterschaft finde ich, verbindet ja sehr. Nachdem mein eigenes Wochenbett damals nicht einfach war, weiß ich, wie wichtig Austausch mit anderen Müttern sein kann – egal wie gut oder schlecht frau sich fühlt – und so hatten Lena und ich viel Gesprächsstoff, der uns beiden viel bedeutet hat.

Wir haben uns dann in Tbilisi wieder was ausgemacht, waren spazieren (die „Chroniken Georgiens“ besichtigt), gut Essen (das Chveni, unser altes Lieblingslokal von damals hat Käse-Khinkali in Käsesauce!) und haben in unsrem Apartment den Wolfi in den Schlaf gewiegt. Und wie alle Eltern von schon größeren Babys haben wir zu Lena und Pascal gesäuselt: „Ach, man vergisst ganz, wie klein die mal waren!“

Wir haben die drei sehr schnell ins Herz geschlossen und hoffen, dass sie auf ihrem Weg Richtung Deutschland in Wien vorbeischauen, wann auch immer das dann sein wird.

Im Chveni, wie es für Eltern typisch ist, schenken wir Wolfi ein Leiberl, das Gusti zu klein ist.
Die Chroniken Georgiens

Schließlich haben wir frühmorgens unser geliebtes Hinterhof-Apartment und Tbilisi hinter uns gelassen und den 6:30h Zug nach Borjomi genommen. Aber davon lass ich den Romed wieder berichten.

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